[Review] Der Weg Einer Freiheit - Unstille

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GotB
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[Review] Der Weg Einer Freiheit - Unstille

Beitrag von GotB »

Der Weg Einer Freiheit - Unstille

VÖ: 29.06.2012
Links: Viva Hate Records (http://www.vivahaterecords.com)

Bild

Tracklist:
01. Zeichen
02. Lichtmensch
03. Nachtsam
04. Zu Grunde
05. Vergängnis
06. Zerfall

Spieldauer: 46:23

Also wenn ich hier in der Einleitung eine Feststellung zum neuen DER WEG EINER FREIHEIT-Werk bringen wöllte, die noch nicht allzu viel Genaues verrät, dann wäre es sicherlich die, dass der ortsansässige Exorzist während der Aufnahmesession sicherlich vertretungsfrei seinen Jahresurlaub hatte. Denn auf "Unstille" wurden im direkten Vergleich mit dem letztjährigen Vorgänger "Agonie" noch einmal ein paar mehr nordische Fichten ins Feuer geworfen.

Im Klartext bedeutet das eine weitere Zuwendung hin in die Niederungen das Black-Metal. Das wird schon beim Opener "Zweifel" klar, mit dem die Band dem Hörer gleich einen ganz groben Brocken mit einer über zwölfminütigen Spielzeit vor die Füße wirft. Gerade wenn man sich an das selbstbetitelte 2009er Debüt erinnert so werden die Unterschiede mehr als deutlich: die Stimmung ist bedeutend bedrückender, die Parts in sich ausgereifter und weit mehr als das typisch schwarzmetallische durchläufige Riffing von verminderten Akkorden. Man nimmt sich Zeit und das ist eine in meinen Augen nicht oft genug positiv zu erwähnende Änderung. So braucht "Zeichen" gute eineinhalb Minuten um überhaupt Fahrt aufzunehmen. Das geschieht dann aber vom Standgas direkt in den fünften Gang bei 3000 Umdrehungen. Die stets um Variabilität bemühten Riffs sind schon beeindruckend und fesseln von der ersten Minute an. Und es wird deutlich, dass so ein Schlagzeuger mit einem Drumcomputer eben nicht zu ersetzen ist. Neuzugang Tobias Schuler macht seine Sache ausgesprochen gut, auch wenn hier vermutlich im Aufnahmeprozess nachgeholfen wurde, denn die Blastbeats sind dauerhaft auf dem Punkt und treiben manchmal minutenlang wie ein MG36 durch die Gehörgänge. Dieses klinische Antlitz des Sounds war aber schon beim Debüt (egal ob mit oder ohne Humandrummer) ein gewisses Markenzeichen und steht der beklemmenden und weitläufig trostlosen Lyrik perfekt zur Seite. So könnte für mich "Unstille" schon nach dem Opener vorbei sein und ich wäre begeistert.

Das ist es aber glücklicherweise nicht und der Hörer versinkt mit "Lichtmensch" noch tiefer in ein Reich aus Hoffnungslosigkeit, Verdammnis und Hyperblasts. Das ganz klar skandinavisch durchsetzte Riffing mit zahlreichen Dissonanzen, die im Kontrast zum Opener eher selten aufgelöst werden, packt einen von Anfang an und reißt durchweg mit. Dazu keift einem das bösartige Gesangsorgan entgegen und ich bin beeindruckend, mit welcher Härte die Bayern hier vorgehen. Was dann folgt, ist wieder komplettes Kontrastprogramm:

Das rein instrumentale "Nachtsam" ist unfassbar atmosphärisch und erinnert sehr stark an die Debüt-LP. Besonders hoch anzurechnen ist hier, dass DER WEG EINER FREIHEIT es schaffen, auch mit spärlichem Synthesizer-Einsatz eine starke Klangdichte zu erreichen. Und was das permanente Umkippen der Harmonien von grausam dissonanten hin zu mitreißend symphonisch-konsonanten Stellen angeht macht den Jungs hier meiner Meinung nach sowieso keiner etwas vor. Ähnlich wie bei ÄRA KRAs "Ferne Tage" bleibt mir nicht selten der Mund ungläubig offen stehen... und das passiert mir abgesehen von Combat-Beatdown mit stumpfsinnig-gewaltverherrlichenden Lyrics nicht häufig, wenn auch dort aus ganz anderen Gründen.

Auch für die folgenden drei Tracks gilt: Wahnsinn! Es sind zahlreiche Durchläufe notwendig, um alle Aspekte, alle Feinheiten von "Unstille" vollständig aufgenommen zu haben. Den Hörer erwartet hier ein enorm dichtes Material, was trotz zeitweise (gewollt) dadaistischem Geknüppel eine ausladende Spannungskurve bereithält. Als das abschließende "Zerfall" noch einmal zehn Minuten meine gesamte Aufmerksamkeit fordert, mit flirrenden Gitarren gleich einem afrikanisierten Bienenschwarm einsetzt und mittendrin dann plötzlich wieder mit epischen Riffs aufwartet, bin ich endgültig begeistert, drücke auf Repeat und schreibe die letzten Zeilen.

Denn es ist einfach beeindruckend, was DER WEG EINER FREIHEIT mit "Unstille" hier abliefern. Ich hätte ja ehrlich gesagt befürchtet, dass sich die Rezeptur so langsam verbrauchen könnte. Das Gegenteil ist aber der Fall: die Arrangements wurden noch weiter ausgebaut und das Trademark DER WEG EINER FREIHEIT weiter ausgebaut und perfektioniert. Für mich persönlich ist es melodischer Black Metal der allerersten Klasse und so kann ich tatsächlich nicht anders, als hier die Höchstwertung zu vergeben. Diese Platte sollte bei keinem Anhänger des Genres und sowieso bei keinem Freund der Vorgängerplatten fehlen.

Punkte: 10/10

Disko:
2012 - Unstille
2011 - Agonie
2009 - Der Weg Einer Freiheit

Links:
http://www.facebook.com/derwegeinerfreiheit
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