[Review] HEAVEN SHALL BURN - Veto

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GotB
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[Review] HEAVEN SHALL BURN - Veto

Beitrag von GotB »

HEAVEN SHALL BURN - Veto

VÖ: 19. April 2013
Label: Century Media (http://www.centurymedia.com)

Bild

Tracklist:
01. Godiva
02. Land Of The Upright Ones
03. Die Stürme Rufen Dich
04. Fallen
05. Hunters Will Be Hunted
06. You Will Be Godless
07. Valhalla
08. Antagonized
09. Like Gods Among Mortals
10. 53 Nations
11. Beyond Redemption

Spieldauer: 49:23

Was soll man zu dieser Band eigentlich noch sagen? Ein jeder, der die Hardcore- und Metalszene auch nur einmal im Vorbeifahren kurz abgegrüßt hat, dem sollten die Thüringer Metalcore-Recken von HEAVEN SHALL BURN mindestens ein Begriff sein. Diejenigen, die schon länger am Genre hängen, kennen Klassiker wie „Antigone“ oder „Whatever It May Take“ in und auswendig.

Und nicht wenige von diesen Leuten wiederum, die haben irgendwo auf dem Weg ins Jahr 2013 ihr Herz an den Fünfer aus dem Raum um Weimar und Saalfeld verloren. Da ich mich zu letzterer Gruppe zähle, ist eine neu erscheinende Platte nicht unbedingt eine Sache der puren Vorfreude: zu unsicher ist man sich über das Resultat; zu schmerzhaft wäre es dann, selbige im Review ordentlichzerreißen zu müssen. Natürlich fand „Veto“ dennoch unmittelbar nach dem Eintreffen ihren Weg in den Player, auf dass die kommenden fünfzig Minuten den Erwartungen auch nur annähernd gerecht werden können.

Man beginnt mit „Godiva“. Durchaus passend, schließlich prangt die Darstellung der um das 11. Jahrhundert lebenden Adligen, die - einen Steuererlass für die Bevölkerung zu erzwingen - nackt durch Coventry ritt, auch auf dem schick anzusehenden Cover. Musikalisch gesehen bedeutet das intensiv klingende Cleangitarren, die sich dann verzerrt fortsetzen. Plötzlich Stille, ein trockenes Schreien leitet vom Intro in den eigentlichen Song über. Und der ist schon so unglaublich fett, dass es mich einfach nur plättet. Der Sound ist viel klarer als beim 2010er Vorgänger „Invictus (Iconoclast III)“ und steht der stark Göteborg-beeinflussten Gitarrenarbeit sehr gut zu Gesicht.

Während ich mich gerade frage, was ich hier gerade hören durfte, setzt es mit „Land of the upright ones“ Schläge. Den Song konnte man (nach für einige Fans scheinbar unmöglich zu bewältigender Puzzlearbeit) bereits vor einigen Wochen hören und auch nach zahlreichen Durchläufen wurde hier nichts an Charme eingebüßt. Mit der Anmut eines 1950er Fendt Dieselrosses im zweiten Transportgang pflügt sich die Doublebass-Drum kompromisslos nach vorne, bevor darauffolgend wieder der altbekannte HEAVEN SHALL BURN-Traktorgroove Einzug hält. Die Hookline im Chorus klingt dann sehr oldschoolig nach Metalcore aus Tagen, wo man Hosen noch deutlich zwischen männlicher und weiblicher Zielgruppe unterscheiden konnte. Überhaupt kommt einem hier eine solch‘ kompromisslose Wut entgegen geflogen, dass es eine wahre Freude ist.

Wer von den Lesenden sich hier an Auszüge vergangener Alben bzw. Gitarrist Alex Dietz‘ Nebenprojekt „Erode“ erinnert weiß, dass mit Elektroeinflüssen durchaus zu rechnen war. Dass diese auf „Veto“ sehr gezähmt und songdienlich ausgefallen sind, kann man nur begrüßen. So erinnert das Intro vom folgenden „Die Stürme rufen dich“ dezent an „Architects of the apocalypse“ (haaach, das waren auch Zeiten!). Und deutschsprachige Lyrics in einem HEAVEN SHALL BURN-Song, wie gut das funktioniert wird in den folgenden vier Minuten klar. Treibendes Riffing im Verse wechselt über eine schick melodische Bridge hin zu sowas von mitreißenden Hooks wie „Du kannst auf bessere Tage warten/ Doch diese Zeit ist deine Zeit/ Deine Worte, deine Taten/ Werden bald schon nichts mehr zählen“. Von Zeilen wie diesen erwarte ich natürlich nicht weniger als komplette Eskalation vor der Bühne. Auch ansonsten ist der Song eher untypisch HSB, erinnert er doch gerade in den „Halb-Gesangsparts“ sehr an NARZISS.

Wieder vollkommen typisch für die Thüringer ausgefallen hingegen ist „Fallen“, der in dieser Art auch durchaus auf der „Antigone“ hätte Platz finden können. Unnötig dabei natürlich zu erwähnen, dass nach dem Paartanz von zweistimmigem Riffing glänzenden Schwedenstahls und unerbittlichem Doublebass-Gewitter eine Rekonstruktion des eigenen Dachstuhls dringend angeraten wird.

Und unerbittlich geht die wilde Fahrt weiter. Denn auch mit „Hunters will be hunted“ besinnt man sich auf alte Stärken der „Antigone“-Ära und baut gleichzeitig den eigenen Stil langsam aber beständig in Richtung melodischen Death Metals aus. Das gelingt gerade beim aktuellen Song so unglaublich stimmungsvoll, dass mir beim mit Wolfsgeheul untermalten Mittelpart ein kalter Schauer über den Rücken jagt. Kurzes Augenreiben und schon ist man wieder dabei, die Gitarrenleads mitzusummen – perfekt! Auch hier trifft man wieder auf Electro-Parts, die kaum mit mehr Understatement hätten gesetzt werden können.

„Why don’t you practice what you preach“, das ist das Motto bei „You will be godless“ – womit die Marschrichtung mehr als klar sein sollte. Entsprechend wutgeladen kommt auch die musikalische Komponente daher. Viel tiefes Growling, das Songwriting ist dank ausklingender Gitarren sehr Hardcore-lastig und lässt den Track zum wohl geradlinigsten auf „Veto“ werden.

Okay, und auf diesen Moment habe ich mich schon die ganze Zeit gefreut. HEAVEN SHALL BURN sind ja bekannt für ihre Liebe zu Coversongs und nach „Black Tears“ (EDGE OF SANITY) und THERAPY?s „Nowhere“ kommt anno 2013 nun endlich der Metaller in mir zum Zuge. Denn kaum eine Band ist so mit meiner Kindheit und Jugend verknüpft wie das Krefelder Power Metal-Outfit von BLIND GUARDIAN. Und nachdem Gitarrist Maik Weichert bei der legendären Studiodokumentation featuring ELSTERGLANZ bereits einer Ankündigung gleich das Bandshirt trug, folgt auf „Veto“ doch tatsächlich ein Cover des Übersongs „Valhalla“ von der 1991er LP „Follow The Blind“. Und ich denke ich reagiere nicht allzu vorschnell wenn ich behaupte, dass wir es hier mit dem besten Coversong der jüngeren Menschheitsgeschichte zu tun haben. Nach zehn Sekunden habe ich angefangen, jede Textzeile mitzugröhlen und spätestens als sich Sänger Marcus Bischoff den grandiosen Valhallaaaaa-Hook mit BLIND GUARDIAN-Frontmann Hansi Kürsch (ja, so hießen früher die Sänger von Metalbands noch, und nicht wie irgendwelches satanisches Kauderwelsch…) teilt, ist für mich die Sache erledigt: ich kann mit dem heutigen Tag offiziell in Frieden sterben.

Mit „Antagonized“ geht man wiederum modernere Wege. Der Track gleitet dank der hämmernden Doublebass-Drum wie auf Schienen durch seine Spielzeit. Klassisches Metalcore-Riffing, Blastbeats, kehliges Shouting – abermals wird das volle Programm geboten. Zeitmäßig könnte man „Antagonized“ eher in Richtung der „Deaf To Our Prayers“ einordnen.

Wiederum hart melodisch geht es bei „Like god among mortals“ (was für ein Titel!) zur Sache. Melodisches Death Metal-Riffing gesellt sich zu ultra brutalen HSB-Rumpel-Parts, womit der Song locker in der Lage wäre, den halben Thüringer Wald von Saalfeld aus abzuholzen. Ähnlich verfährt man mit „53 nations“, gerade im Anschluss an „Like god among mortals“ fällt der Track aber deutlich ab und ist als immer noch guter Track bereits der Schwachpunkt von „Veto“.

Dass diese kleine Schwachstelle kaum ins Gewicht fällt, dafür sorgt der Rausschmeißer „Beyond redemption“ – hochmelodisch, mitreißend und herzzerreißend lässt mir dieser Track über die knapp sechsminütige Spielzeit wörtlich den Mund offen stehen. Für HEAVEN SHALL BURN recht untypisch geht man beeindruckend progressiv zur Sache, lässt mal Cleangitarren oder dem Bass die Führung, bevor zweistimmige Leads einen fast vom Scheitel ab zerteilen. Dieser Song ist in seiner Gesamtheit einfach perfekt! Grob kann man sich hier an „The greatest gift of god“ orientieren, wenn auch sich die Umsetzung um Welten unterscheidet.

Was soll ich also als Zusammenfassung sagen. Für mich ist „Veto“ die perfekte Symbiose aus den klassischen Metalcore-lastigen Trademarks und einer Entwicklung hin zum reinen melodischen Death Metal geworden. Der Sound wirkt ausgereift wie auf keiner vorangegangenen Platte, gleichzeitig haben sich HEAVEN SHALL BURN aber die Rohheit der „Antigone“-Ära bewahrt. Alle diejenigen, die auch nur annähernd was mit dem Genre zu tun haben, müssen sich diese Platte unbedingt in die Schrankwand stellen. Bereits nach dem ersten Durchlauf konnte ich nicht ein einziges Mal an der Höchstwertung zweifeln.

Fazit: „Open wide the gate friend the king will come, Blow the horn and praise the highest lord, Who'll bring the dawn, he's a new god in the palace of steel , Persuade the fate of everyone, The chaos can begin, let it in.“

Punkte: 10/10

Disko:
2013 – Veto
2010 – Invictus (Iconoclast III)
2008 – Deaf To Our Prayers
2004 – Antigone
2004 - …in Battle
2002 – In Battle There Is No Law EP
2002 – Whatever It May Take
2000 – Asunder

Links:
http://www.facebook.com/officialheavenshallburn
http://www.heavenshallburn.com
Pinguin
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Re: [Review] HEAVEN SHALL BURN - Veto

Beitrag von Pinguin »

Saugut geschrieben!
Ich freu mich tierisch auf die Platte :).
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