Offener Brief vom AJZ Talschock
Verfasst: 21.12.2003, 09:39
Der Brief stammt leider schon vom 01.12.03 - ist also nicht gerade der aktuelleste, aber der Inhalt ist vielleicht doch für den ein oder anderen von euch interessant - kurz gesagt geht es um Faschisten die immer wieder auf HC Konzerten auftauchen und fröhlich mitmachen, lest selbst:
Offener Brief AJZ TALSCHOCK Chemnitz 01/12/03
Am 18. Oktober 2003 fand unter dem Namen „Back on the map Tour 2003“ ein Konzert mit den Bands „Slapshot“, „Blood for Blood“ und „the Blue Bloods“ im Chemnitzer Alternativen Jugendzentrum statt. Dieses Konzert wurde durch den Veranstalter InMove GmbH durchgeführt und abgesichert. Sowohl von Seiten des AJZ als auch von Seiten des Veranstalters wurde dieses Konzert als problematisch bezüglich der zu erwartenden Gäste eingeschätzt.
Das AJZ suchte im Vorfeld das Gespräch mit dem Veranstalter, um auf die schwierige Situation zu verweisen und um klare Regeln im Umgang mit möglicherweise erscheinenden Faschisten und rechtsradikalen Hooligans abzusprechen. In diesem Gespräch wurde durch InMove und die absichernde Security-Firma Japo zugesagt, dass Personen, die eindeutig als Faschisten erkennbar bzw. bekannt sind, am Einlass abgewiesen werden sollen. InMove stellte zudem eine Absage an Faschisten auf die eigene Homepage.
Zu den Fakten: Am 18. Oktober 2003 fanden mehrere hundert Konzertbesucher den Weg ins AJZ - unter ihnen etwa ein Dutzend eindeutig als Faschisten erkennbare Personen, welche von der Security abgewiesen worden sind. Dennoch konnten Nazis den Einlass überwinden und waren unter den Besucher/innen einer Hardcore- und nicht etwa einer Oi-Punk- oder Skinhead-Show.
Der Zustand, dass Faschisten den Weg in den Saal überstehen konnten, kann dem AJZ Chemnitz angelastet werden. Gleichzeitig spiegelt es jedoch auch den Zustand eben dieser Szene, die jeglichen Anspruch gegen Beliebigkeit und Gleichgültigkeit eingetauscht zu haben scheint.
Good Night – White Pride: An diesem Abend kam KEIN/E Besucher/in zum Einlass, zur Bar oder zur Technik, um auf ihnen bekannte Faschisten hinzuweisen. Uns bekannte Chemnitzer Rechtsradikale waren nicht anwesend. Im Nachgang erhielten wir über Dritte ein Schreiben, welches uns auf den Umstand hinwies, dass SSS-Mitglieder anwesend gewesen wären und von AntifaschistInnen aus dem Raum Sächsische Schweiz erkannt worden sind. Dies blieb uns am Abend des Konzerts unbekannt und wurde niemandem mitgeteilt. Bis heute, mehr als drei Wochen nach dem Konzert, erreichte kein Hinweis, kein Schreiben, kein Anruf direkt das AJZ.
Die bedauerliche Tatsache, dass Faschisten seit einigen Jahren Gefallen an Hardcorekonzerten gefunden haben und sich seitdem zunehmend auf größeren HC-Konzerten herumtreiben, ist kein spezielles AJZ Chemnitz-Phänomen. Vielmehr haben wahrscheinlich alle Clubs, die Konzerte mit alten „US-Helden-Bands“ wie „Madball“, „Agnostic Front“, „Slapshot“ o. Ä. oder mit anderen sich als bewusst unpolitisch/patriotisch gebenden Bands wie „Discipline“ o. Ä. veranstalten, die gleichen Probleme. Das AJZ Chemnitz veranstaltet im Jahr etwa 70 Konzerte, darunter viele HC-Veranstaltungen. Mit Faschisten ist nur bei einzelnen, eben den genannten, Konzerten zu rechnen - wie leider auch mit der „Masse“ der „Besucher“.
Als Versuch der Szene dieser Entwicklung entgegenzuwirken, ist vor einigen Jahren die GOOD NIGHT-WHITE PRIDE Kampagne ins Leben gerufen worden, die durch das AJZ Chemnitz gerade aufgrund früherer Vorfälle stets unterstützt und inhaltlich auf den Club angewandt wurde. Es ist jedoch vordergründig auch eine Kampagne, die jede/n betrifft. Wer FaschistInnen, deren SympathisantInnen und FreundInnen erkennt, kann auch selbst handeln (Security ansprechen, Leute vom Haus ansprechen, Selbst handeln).
Das Wissen, dass bei der oben genannten Veranstaltung Nazis anwesend gewesen sind, führte zu einer umfangreichen Diskussion im Plenum des Hauses. Auf deren Grundlage wurden mit dem Veranstalter weitere Vereinbarungen getroffen, die den Nazis den Weg in den Saal unmöglich machen sollen. Mit diesem Brief möchten wir zudem das Publikum der Konzerte bitten, uns aktiv dabei zu unterstützen, dass bei Veranstaltungen im AJZ keinen Faschisten Zutritt gewährt wird bzw. dass diese unverzüglich aus dem Saal entfernt werden, sobald wir von ihrer Anwesenheit Kenntnis bekommen. Da wir zwar die indizierte und legale Symbolik und szenetypische Codes der Rechtsradikalen weitestgehend kennen, jedoch nicht in der Lage sind, jedes Gesicht über einem neutralen T-Shirt braunem Gedankengut zuzuordnen, fordern wir die Besucher der Veranstaltungen auf, die anwesenden MitarbeiterInnen des AJZ auf die Gegenwart von Nazis hinzuweisen, um somit ein schnelles Eingreifen zu ermöglichen.
Die Szene seid auch Ihr! Es sind eben nicht nur Läden, die euch konsumgerechte Musikabende liefern, auch wenn dies der Realität leider in einigen Punkten ziemlich nahe zu kommen scheint. Ob sich faschistische Dummköpfe auf Hardcore-Konzerten wohlfühlen, liegt an allen Beteiligten.
Für Meinungen, Fragen und Antworten stehen wir zur Verfügung (Mail: probleme@ajz.de)