SIEBEN ZOLL MUSIK Kolumne

ANTIDOTE - THOU SHALT NOT KILL 7INCH

"Der Typ im Laden wollte mir doch tatsächlich eine Single von Gorilla Biscuits andrehen, aber das war mir irgendwie zu abgegriffen. Hast du doch eh schon, oder? Ich hab dann irgend so eine Truppe mit A genommen. Hab den Namen aber schon wieder vergessen. Voll fieses Cover, aber der Heinz meinte, es wäre ein NYHC-Klassiker ..." Nach dieser Info sendete ich augenblicklich sieben Stoßgebete gen Himmel, dass meine Lady bitte, bitte, bitte kein Geld für eine Platte von Roger Mirets Dumpfbackentruppe rausgeworfen haben möge. Wie selbst die Unbeleckten unter uns wissen, sind die Begriffe "NYHC-Klassiker" und "Dumpfbackentruppe" nämlich quasi bedeutungsgleich, weshalb mir Schreckliches schwante ...

Label: Bride Nine Records
(Original: Antidote Recs. Inc., 1983)
Extras: Textliche Totalausfälle und farbiges Vinyl
Note: Klassiker? Klassiker

Als dann das Paket endlich angekommen war, riss ich es gierig auf und verschlang erstmal einen der beigelegten Clif Bars. Die Dinger sehen zwar aus wie breit gelatschter Hundekot mit Schokostückchen drinnen, sind aber die besten Vegan-Power-Riegel, wo gibt. Leider sind die Teile bislang irgendwie nur in den USA erhältlich, aber Gerüchten zufolge gibt es in Prenzlauer Berg bald einen veganen Hippster-Supermarkt, der die Dinger dann auch führen wird.!
Unter den Hundefäkalien-Leckereien lag dann die 1983er "Thou shalt not kill" 7" von Antidote als Re-Release auf dem langsam aber sicher unerträglichen - weil unersättlichen - Bridge Nine Records Label. Ehrlich gesagt bin ich kein großer Fan dieser ganzen klassischen US-Hardcore-Bands und kenn mich bis auf wenige Ausnahmen (Minor Threat, Black Flag, Bad Brains - und zwar genau in dieser Reihenfolge) auch nicht sonderlich gut damit aus, trotzdem war die Überraschung perfekt.

Antidote waren eine kurzlebige NYHC-Band der ersten Generation und lieferten auf dieser Single acht rasante und wunderbar angepisste Hardcore-Songs ohne Schnörkel und Spielereien ab. Klingt aus heutiger Sicht ziemlich punkig und rudimentär, hat aber mehr Power, Wut und Authentizität als 90 Prozent dieser überflüssigen "Wir-reiten-auf-der-80s-HC-Welle"-Bands aus deutschen Großstädten, die in einem Jahr dann wahrscheinlich Metal-Rap machen.
Ein paar Trivia am Rande: Schlagzeug spielt ex-Misfits-Drummer Arthur Googie, Backup-Vocals stammen von John "Meat is for pussies" Joseph und mit "Foreign Job Lot" wird hier auch einer dieser klassischen Early-HC-Textaussetzer inklusive fremdenfeindlich angehauchter Parolen à la "Aliens from another world, they come to the U.S. for jobs (...) When will this fucking bullshit end?" geboten. Als Ausgleich gibt's dann in dem Song "Nazi Youth" ein textlich etwas unausgegores Pro-Antifa-Statement. Abstrus? 80s Hardcore!

Zum Schluss noch ein Video von meiner momentan favorisierten Veteranen-Punktruppe OFF! bei einem Live-Konzert in besagtem Plattenladen:

 

Bilder/Credits: antidote

Autor: xschmelzerxRegistriert: 19.11.2010 - Verfasste Artikel: 70 - Forenposts: 63 - Alle Artikel anzeigen
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