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FAMILY - PORTRAIT

Eintragen am: 21.01.2013

FAMILY - PORTRAIT
Kaum zu glauben das FAMILY aus Brooklyn mit "Portrait" ihr Debutalbum vorstellen... Zu ausgereift und zu harmonisch erscheint dieser Mix aus klassischem Rock und sludgig progressiver Heavyness, zu perfekt musiziert dieses Quartett vor allem im Kollektiv! Aber genau so ist es eben und die Herrn um Kreativvorsitz Steven Gordon, welcher nebenbei auch für das renommierte Musikblatt "MetalSucks" am bloggen ist, lassen es von der ersten Sekunde an metalrockend krachen und es scheint durchaus im Rahmen des "Vermöglichbaren", sich ohne jahrelanges präsent sein eine eigene, treue und nicht nur retrospektive Gefolgschaft anhäufen zu können. Denn Retro heißt in diesem Fall nicht Retro um jeden Preis, was man spätestens nach den ersten einschlagenden Gewaltriffs bemerken sollte... an denen ganz nebenbei auch Mix- und Mastermind Alan Couches von "West West Side" (TOURCHE, MASTODON u.a.) einen gehörigen auditiven Anteil beanspruchen darf.

Zu beachten ist jedoch erst einmal, dass hier vorliegendes Material keineswegs als etwas zum "Nebenbeihören" konzipiert worden ist. In diesem Fall hätte man eine geschlagene Dreiviertelstunde unbestimmtes Gedudel und abrupt einsetzendes Gekreische vernommen, ohne sich auch nur an einen bestimmten Ton näher erinnern zu können. Vor allem gegen Mitte der Platte, in Songs wie beispielsweise "Delphonika" oder auch "Illegal Woman", reiht sich ein experimentell - progressives Riff, häufig gänzlich ohne Gesang, an das nächste und man ist schon in der Pflicht sich ein wenig Mühe zu geben fortlaufend und aufmerksam der Musik zu frönen, denn bei Weiten nicht jeder Part strebt hier kompromisslos nach Wiedererkennung.

Aber es gibt auch Gegenentwürfe zu den eher dahinschwelgenden, verträumten Stonerbaladen. Da hätten wir den brutal einschlagenden Opener "Bridge & Tunnel", mit dem ein oder anderen Neckbraker im Gepäck, gefolgt von "Daddy Wronglegs", welcher etwas verspielt - melodischer aber ebenfalls äußerst druckvoll die Gehörgänge stimuliert. Zwar immer noch stoned, aber trotzdem stets eine allgegenwärtige Aggressivität versprühend.

Mit zunehmender Dauer jedoch beginnen FAMILY sich etwas mehr in verfrickelt, verträumten Episoden und Spielerein zu verlieren. Nicht das es nicht gefallen kann, die etwas anspruchsvolleren Neurocker sollten hier sogar absolut auf ihre Kosten kommen, aber ein wenig mehr metallische Durchschlagskraft in Kombination zu Herrn Applegates durchaus brauchbaren, wenn auch äußerst heiseren, Brüllattacken, wäre meiner Meinung nach kein stil-brechendes Übel gewesen, vor allem wenn man sich die zu Beginn und vor allem gegen Ende vortrefflich aufgeführten Gewaltwerke "Bridge & Tunnel", "Othermother" (mit Abstand der Hinkucker des Albums!!!) und auch "Exploding Baby" in Erinnerung ruft!

Fazit: Nicht nur musikalisch steckte sich FAMILY in ihrem Erstling hoch-ambitionierte Ziele, denn inhaltlich stellt "Portrait" ein Konzeptalbum dar, in dessen Mittelpunkt eine disfunktionale Familie (so weit so gut) mit der Zeit Superkräfte generiert (?!). All die abwechselnden und ineinander übergehenden nostalgischen Riffs und eher modern musikalischen Stile könnten diesbezüglich auch durchaus als musikalischer Ausdruck eines andauernden familiären Konfliktes, mit all seinen Höhen und Tiefen, oder besser: Tiefen und Tiefen, verstanden werden. Vielleicht entspringt dieser Gedanke aber auch nur der wirren Welt eines ziemlich verwirrten Rezipienten, denn wie ich in diese Argumentationskette nun die sich einstellenden Superkräfte integrieren soll erschließt sich mir so ganz und gar nicht. Allein die ungemeine künstlerische Raffinesse die sich hier vor allem musikalisch offenbart, lässt einen schlussendlich trotzdem nur darauf schließen, dass dieses Unterfangen uneingeschränkt umgesetzt werden konnte, denn jeder scheint hier ganz genau zu wissen was er warum und wie musiziert. Ob man FAMILY nun mit Alt- oder Neugrößen wie LED ZEPPELIN, TOOL, MASTODON, UNSANE, BARONESS oder auch MARS VOLTA vergleichen will, sie wären wohl alle gleichermaßen geehrt gewesen als Referenz dieser Perle herhalten zu dürfen!

PS: Für Fans gechillt rockiger Riffs kann aus der 8 auch leicht eine 9 oder gar 10 gezaubert werden... nur diesem Autor hier ab und zu des Guten zu viel ;)

 

Pro
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Kontra
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Wertung: 8 / 10 Punkte
Autor: mcflemmigRegistriert: 24.03.2006 - Verfasste Artikel: 108 - Forenposts: 130 - Alle Artikel anzeigen
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Allgemeine Informationen

Veröffentlichung: keine Angabe

Spielzeit: 47:01 min

Label: Pelagic Records

Band: www.familyslays.com

Tracklist:

01. Bridge & Tunnel
02. Daddy Wronglegs
03. Bopsky
04. Illegal Women
05. Delphonika
06. The Wonder Years
07. Othermother
08. Exploding Baby

Discografie:

2012 - Portrait