Reviews

TEAMKILLER - BOUND TO SAMSARA

Eintragen am: 26.10.2010

TEAMKILLER - BOUND TO SAMSARA
Als im Jahre 2005 die Herren Björn Esser, Ben Fink und Michael Speidel gemeinsam auf dem Song "Another Two Days" ein vehementes "do you even know me?" nur so ausrotzten, da konnte man nicht nur ein ungemein starkes Stück Deutsch-Hardcore vernehmen, sondern bekam zugleich noch einen Vorgeschmack auf den folgenden Rest der Dekade, die zwischen Rhein und Oder, Nordsee und Alpen von Niemandem - ok, eine Ausnahme - so geprägt und bestimmt wurde wie von den Ruhrpottlern von Black Friday ´29, den Black Rockern von Zero Mentality und den Jungs von Teamkiller. Platten wie "The Escape", "Invite Your Soul" oder "Some Scars, Some Hope" waren kompromisslose Bretter mit eigenständigem Sound und dem Hang zum Klassiker. Nun befindet man sich am Ende der Nullerjahre, und während der Stern von ZM weiterhin am steigen ist, so ging Black Friday ´29 über die letzten Jahre merklich die musikalische Puste aus und vor kurzem vollzog sich zudem der Split der Band. Auch Teamkiller werden sich zum Ende des Jahres auflösen, jedoch nicht ohne den Versuch zu starten, den Kids noch einmal was ganz Großes vor die Füße zu werfen. "Bound To Samsara" heißt der zum Werk zugehörige Titel und präsentiert dabei die musikalische Ankunft einer Band, die schon sehr lange auf der Suche war nach ihrer eigenen Identität.

Begonnen wird dabei mit kurzen sphärischen Klängen, welche einführen in das musikalische Spektrum von Teamkiller, die sich mit den Jahren mehr und mehr einem Soundbild angenähert haben, dass schon gut und gerne 25 Jahre auf dem Buckel hat und dabei besonders geprägt worden ist von einem Genre-Konglomerat aus Hardcore, Crossover und Trash-Metal. Sowohl der Sängerwechsel als auch die vor knapp einem Jahr erschienene EP haben dies dann ausführlich eingeleitet und auf "Bound To Samsara" vollführt man nun die letzten Schritte dieser Transformation. Kaum ein Song unter der 4-Minuten-Marke stehen gelassen, leben sich Teamkiller so richtig in ihren zehn Songs aus, perfektionieren sich selbst in den Bereichen des Songwritings sowie der Instrumentalisierung und gehen so konsequent ihren Weg bis zum Ende. Egal ob Bombast-Intro ("Eye Of Wisdom"), mehrmaliges Integrieren von leidenschaftlichen, langen Soli innerhalb eines Songs ("No More") oder aber ganz einfach auf den Punkt gespielte Trash-Metal-Riffs ("Wolfmen") - Teamkiller wissen ganz genau wie man beinahe opulente Hardcore-Songs bastelt, deren Würze nicht in der Kürze, sondern in der einfallsreichen sowie technisch ausgereiften Konstruktion liegt. Stück für Stück reihen sich hier kleine Meisterwerke aneinander, sodass ein anerkennendes und glückliches Lächeln nicht selten die natürliche Konsequenz für das eben Gehörte ist. Und wenn man nach dem ersten, schon wieder viel zu guten Solo auf "Wage Of Existence" geradezu dem Paradebeispiel - oder anders ausgedrückt - einem Mutterficker von einem nackenbrechendem Midtempo-Part lauschen "darf", dann kann es sich hier nur um ein ganz großes Werk handeln. Sämtliche Defizite, die man auf der letzten EP noch vernehmen konnte, wurden ausgemerzt und optimiert: die stimmlichen Qualitäten von Peter Bastian haben sich enorm gesteigert; viel kraftvoller, angepisster und etwas tiefer kommen die Shouts daher, die dazu auch erstaunlich abwechslungsreich und eigenständig geworden sind. Auch die Songstrukturen wurden ausgebaut, kleinere Experimente wurden versucht, Jan Heinisch am Bass vollbringt im doppelten Sinne herausragende Arbeit und an den Sechssaitern wurde es bezüglich der Verteilung geschafft, zwischen Virtuositäten und positiv simplen sowie metallastigen Hardcore-Riffs genau den Mittelweg zu finden.

Und auch wenn das Gesamtprodukt nicht über die volle Spielzeit die Spannung halten kann, so kann weder von Langeweile noch von Eintönigkeit die Rede sein: einzig am Schlagzeug fehlt es ein wenig an Abwechslung und einige Songs hätten durch leichte Kürzungen etwas prägnanter ausfallen können. Produktionstechnisch wurde all dies enorm gut und "zeitgemäß" aufgefangen, mit mächtig viel Power unterlegt und beim Mastering in New York verfeinert.

Ein Punkt, der nicht für unerheblich wenig Stirnrunzeln sorgte, war die Hinwendung zu indischen Kultur- und Glaubenspraktiken: die schon vor ein paar Monaten angekündigte, allumfassende Neuerfindung der Band wurde dann auch übertrieben viel in den Songs thematisiert, was einen missionarischen Eifer nicht gänzlich verbergen konnte und dadurch auch etwas aufgesetzt daherkam. Auf "Bound To Samsara" ist jenes Thema lyrisch jedoch angenehm in den Hintergrund geraten und man versucht sich wieder an weniger realitätsfernen Problematiken wie Armut und politischer Anteilnahme, auch wenn die religiösen Ansichten nicht nur zwischen den Zeilen zu finden sind und persönliche Selbstverortungsversuche oft im Mittelpunkt der zumeist sehr guten Songtexte stehen. Natürlich stellt sich - noch immer - allgemein die Frage, ob die gesamte Band hinter jenem Sinneswandel steht sowie ob auch der bald bevorstehende Exitus von Teamkiller wirklich im tieferen Verständnis Teil von Geburt, Tod und Reinkarnation angesiedelt ist; auf jeden Fall wissen sie ihre eigene Auflösung gut zu vermarkten und das Jahr 2010 mit einer Farewell-Tour zu füllen - und wer will bitteschön die Band nach diesem Album nicht noch einmal live sehen?

So kommt man zu dem Schluss, dass "Bound To Samsara" zwar nicht gänzlich alle Fragen beantwortet, gerade aber auf musikalischer Ebene ein dermaßen ausgereiftes, durchdachtes und hochgradig brillantes Werk darstellt, dass nicht nur Fans von Cro Mags, Merauder und Leeway in Verzücken geraten werden, sondern beinahe jeder Hardcore- und auch Metalhead seine Freude daran haben dürfte. Teamkiller sind gewandert, haben gesucht und sind am Ende ihrer Karriere an einem Punkt angekommen, der recht glaubwürdig das letzte Kapital der Band präsentiert. Und so verlässt demnächst ein weiteres Schwergewicht die Bühne, jedoch nicht ohne einen weiteren Anwärter auf einen Klassiker zurückzulassen. Mächtig und sehr, sehr gut.

 

Pro
-
Kontra
-
Wertung: 9 / 10 Punkte
Autor: KingpinRegistriert: 28.05.2004 - Verfasste Artikel: 347 - Forenposts: 757 - Alle Artikel anzeigen
2.237x gelesen

Allgemeine Informationen

Veröffentlichung: keine Angabe

Spielzeit: 44:43 min

Label: Let It Burn Records www.letitburn.de

Band: www.teamkiller.com

Tracklist:

01. Intro
02. No More
03. Face Of Glory
04. Wolfmen
05. Eye Of Wisdom
06. Wage Of Existence
07. Illusion & Reality
08. Static
09. Take It To The Streets
10. Show No Fear

Discografie:

2010 - Bound To Samsara Lp
2009 - S/t Ep
2006 - Bad Signs Lp
2005 - Some Scars, Some Hope Ep
2003 - Split W/ Bleed Into One
2003 - Demo