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VARIOUS ARTISTS - ORIENTAL METAL

Eintragen am: 20.07.2012

VARIOUS ARTISTS - ORIENTAL METAL
Von "Global Metal" zu "Oriental Metal". Der Israeli Kobi Farhi, Sänger von ORPHANED LAND, versucht mit dieser Compilation dem metalaffinen Westler die genrebereichernden Klänge des Orients näher zu bringen. Sprich: statt Schweden-, Finnen- oder Amimetal wird der geneigte Hörer hier mit der Kultur und Klangwelt hebräischer, persischer und arabischer Bands vertraut gemacht. Statt alten Wikingersagen, lyrischen Schlachtfesten oder dem ewigen Kampf olle Satans gegen die Schergen Gottes und seines weltfremden Christentums, wird hier ein Einblick in die Sagen und Geschichten aus 1000 und einer Nacht gewährt, mit all den traditionellen Stilmitteln die man ohnehin auch erwarten würde. Und siehe da, der ach so "greise" Orient beweist hier durchaus eindrucksvoll, dass er weder antiquiert noch rückschrittlich noch kulturell homogen daherkommt, wie im heutigen, stereotypen Schachteldenken ‚moderner" Gesellschaften häufig missverstanden. Vor dem Hintergrund das in vielen betroffenen Ländern wie Ägypten, Tunesien oder der Türkei Heavy Metal noch immer als geächtet und verpönt gebrandmarkt wird, kann gerade in Zeiten des ‚arabischen Frühlings‘ mit verkalkten Denkweisen und Vorurteilen mittels kreativer Vielfältigkeit aufgeräumt werden, was hier in metal-musikalischer Weise versucht werden soll. Somit könnte dieser Sampler durchaus auch als religiös oder politisch motiviertes Statement verstanden werden, ganz im Zuge völkerrechtlicher Prozesse, welche nicht irgendwann, sondern eben JETZT von statten gehen. Das diese Motivation alles andere als rein hypothetisch sein muss, belegen vor alle Promobilder des Schirmherrn Kobi Fahri zu eigenen letzten Werken seiner Band ORPHANED LAND, in denen er versucht - posierend als Jesus, neben Juden und Moslems - ein klares Zeichen Richtung religiöser Freiheit und einem friedfertigen Miteinander in einem von Glaubenskonflikten durchwucherten Zeitalter zu setzen.

Nun denn, sei es wie es sei, musiziert wird auch, und zwar nicht zu knapp. Beginnen wir mit einem kurzen Abriss der hier vorgestellten Interpreten: die am stärksten vertretene Fraktion stammt aus Israel - unter ihnen der Opener ORPHANED LAND, AMASEFFER, ALMANA SHCHORA sowie MELECHESH. Diese werden ergänzt mittels einem wild zusammengewürfeltem Ensemble: da haben wir Vertreter aus der Türkei (PENTAGRAM), aus Tunesien (MYRATH), aus Palästina (KHALAS), Ägypten (AHL SINA) und den vereinigten Arabischen Emiraten (NERVECELL). Topographisch vielleicht etwas unverständlich, aber im musikalischen Sinne absolut konsequent wurden noch die Amis NILE sowie die Franzosen ARKAN ins Boot geholt und da Metal sowieso an seiner musikalischen und nicht regionalen Aussagekraft gemessen werden soll, ist dies wohl als weiterer völkerverständigender Schachzug Herrn Fahri zu verstehen.

Den Anfang machen ORPHANED LAND mit "Sapari", alles in allem ein durchaus eingängiger Smasher der die qualitative Ausprägung der orientalischen Einflüsse hier schon recht gut erahnen lässt. Danach geben sich AMASEFFER etwas mehr dem progressiveren MelodicMetal hin bis es bei ARKAN dann noch eine Ecke traditioneller zu Werke geht. Weiter über den Klassiker "Lions in a Cage" von PENTAGRAM hin zu MYRATH, die hierzulange auch keine gänzlich Unbekannten mehr sind, geht es in den folgenden Werken recht gesittet und eher ‚gewöhnlich‘ - orientalisch, fast schon exotisch (KHALAS - interpretiert in Arabisch) zu, bis dann NILE und MELECHESH die meiner Meinung nach besten Beiträge zu diesem Sampling leisten, in dem sie die Klänge des Ostens, nicht unnütz übertrieben, in druckvolle Hochgeschwindigkeitspakete schnüren, mit ordentlich Power, Druck, Doppelfuß, Gegrunze und vor allem deutlich mehr ‚Death‘ als sich ihre Vorgänger noch zugetraut hatten. Einflüsse fremder Kulturen zeigen sich hier zwar auch, jedoch tragen sie nicht die gesamte Grundstimmung des Songs, was recht angenehm erscheint nach den durchgängig ähnlichen Melodiestrukturen ihrer Vorgänger. Abschließend darf selbstverständlich die Neuinterpretation eines orientalischen Volksliedes in Metalgangart nicht fehlen und bildet in Form von "Hava Nagila", gespielt durch SAND AURA, den Abschluss dieser Platte.

Alles in allem ist diese Compilation eine recht gelungene und gegen Ende auch durchaus vielseitige Scheibe geworden, wobei dies nach den ersten 4-5 Songs nicht unbedingt zu erwarten gewesen wäre. Falls man jedoch unabhängig davon mit einer unumstösslichen Grundaffinität zu Klängen des Orients ausgestattet wurde, bekommt man hier schlichtweg alles geboten - für Fans dieses speziellen Genres also ein absolutes Muss! Dem restlichen Hörer wird musikalisch zwar einiges geboten, jedoch impliziert dies noch lange nicht, dass auch alles unbedingt gefallen wird oder muss.

Des Weiteren ist hier zwar kein allumfassendes Grundverständnis der Weltreligionen, ihrer Kulturen und Gebräuche von Nöten, versucht man diese Platte auch inhaltlich verstehen zu wollen, doch wenn Metal für den waschechten Metaller nicht weniger als eben Religion darstellt, dann sollte man sich durchaus auch einmal damit auseinander setzen, welche verschiedenen ‚Unterreligonen‘ ( ^^ ), Vorstellungen und Menschen dahinter stecken. Metal stellt nämlich längst keine einheitliche Kaste mehr dar - vielmehr sollten unter dem Mantel des Metal alle Menschen gleich sein! Nimmt man sich dieses Prinzip als Grundlage kann man dem einen Nutzen abgewinnen, welcher heute mehr denn je einen Beitrag zu weltweiter Völkerverständigung leisten kann, völlig unabhängig von Hautfarbe, Abstammung, Sprache und persönlicher Neigung - nicht wahr, Herr Farhi !?

 

Pro
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Kontra
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Wertung: 6 / 10 Punkte
Autor: mcflemmigRegistriert: 24.03.2006 - Verfasste Artikel: 108 - Forenposts: 130 - Alle Artikel anzeigen
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Allgemeine Informationen

Veröffentlichung: keine Angabe

Spielzeit: 51:56 min

Label: Century Media Records www.centurymedia.de

Band:

Tracklist:

01. Orphaned Land - Sapari
02. Amaseffer - Slaves For Life
03. Arkan - Deus Vult
04. Pentagram - Lions In A Cage
05. Myrath - Merciless Times
06. Almana Shchora - Elohim
07. Nervecell - The Taste Of Betrayal
08. Khalas - Haz El Adala Mayel
09. Nile - Kaffir
10. Melechesh - Grand Gathas Of Baal Sin
11. Ahl Sina - Fountains Of Muses

Discografie:

2012 - Va Oriental Metal